Allergie oder Intoleranz?

Hundehalter stehen, nachdem sie sich endlich für eine bestimmte Hunderasse oder einen bestimmten Hund entschieden haben, schnell vor der Frage, was beim neuen Familienmitglied in den Napf soll: Trockenfutter, Nassfutter, Hausmannskost oder BARF? Mittlerweile gib es die unterschiedlichsten Arten, seinen Vierbeiner zu ernähren. Vom Veganer bis zum ausschliesslichen Fleischfresser gibt es alles in der Hundewelt. Was aber, wenn der Besitzer eine Fütterungsmethode wählt, die nicht zu seinem Hund passt? Dann kann ein Gang zum Tierarzt wegen Magen-Darm-Problemen oder Hauterkrankungen notwendig sein. Was kann da dahinterstecken?

Text: Dr. med. vet. Silke Hieronymus

allergie

Andauerndes Kratzen kann ein Hinweis für eine Futtermittelunverträglichkeit sein.

Löst die Aufnahme eines Futtermittels klinische Symptome aus, führt also zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung beim Tier, bezeichnet man dies in erster Linie als futtermittelbedingte Unverträglichkeit oder Hypersensibilität. Diese wird weiter unterteilt in Futtermittel-Intoleranz und echte Futtermittelallergie, je nachdem, ob die Erkrankung durch eine Reaktion des Immunsystems verursacht wird oder nicht. Handelt es sich um eine nichtimmunologische Reaktion auf unzureichend verdautes Futter in Form von Erbrechen oder Durchfall, spricht man von einer Futtermittel-Intoleranz. Einer echten Futtermittelallergie oder einer Futtermittelüberempfindlichkeit liegt dagegen eine immunvermittelte Antwort auf bestimmte Nahrungsantigene zugrunde. Das bedeutet, dass die ganze Immunabwehr des Tieres sich gegen bestimmte Bestandteile des Futters richtet, was sich oft in Hautreaktionen äussert. Leider wird in der Praxis aber zu schnell an eine Futtermittelunverträglichkeit gedacht und nicht an die Vielzahl von anderen Ursachen, die auch zu den Symptomen wie Durchfall, Erbrechen oder auch Juckreiz führen können.


Durch Fütterungsfehler ausgelöste Futtermittel-Intoleranzen

Oft liegt die Ursache für das Ausscheiden von dünnflüssigem, teils übelriechendem, schleimigem oder blutigem Kot in der Quantität und Qualität der gewählten Futtermittel oder der Futtermittelmethode bzw. Fütterungstechnik. Neben einer falschen Fütterungstechnik wie z. B. zu schnelles Umstellen von einer Futtersorte auf die andere, psychischer Belastung oder Stress durch zu hastiges Fressen, Futterneid und zu hohe Leistungsanforderung (z. B. Ausstellungstiere, Renn-, Schlittenhunde) können auch Medikamente oder metabolisch wirksame Inhaltsstoffe (Aufnahme von zu viel Vitamin A, zu viel Kupfer) zur Futterintoleranz führen. Wenn Hunde zu schnell eine zu grosse Menge herunterschlingen, das Futter zu heiss ist oder direkt aus dem Kühlschrank kommt, kann ein spontanes Erbrechen zeigen, dass an der Art der Fütterung etwas geändert werden muss.

Kontaminiertes Futter findet man häufiger bei Hunden, die gebarft werden, die also rohes Futter und somit rohes Fleisch verzehren. Bei der Kontamination handelt es sich meist um Erreger wie Salmonellen, Camphylobacter, Listerien, Yersinien, Clostridien, Echinokokken oder E.Colis. Diese pathogenen Keime wurden kürzlich in bis zu 60 Prozent aller Rohfleischprodukte gefunden und können das Tier krankmachen. Insbesondere fertig abgepackte, gefrorene BARF-Rationen sind in letzter Zeit negativ aufgefallen.

Knochenfütterung kann für empfindliche Tiere ein Problem darstellen. Wenn die Magensäureproduktion eingeschränkt ist und der Knochen den Darm verstopft, kann dieser wie ein Fremdkörper wirken und zu starken, lebensbedrohlichen Symptomen führen. Auch bindegewebsreiche Schlachtabfälle wie Sehnen, Pansen, schwerverdauliche Leguminosen (Soja, Erbsen, Bohnen) und Kauprodukte (Ochsenziemer, Schweineohren) können zu lange im Magen-Darm-Trakt liegen und neben der Förderung von gasbildenden Bakterien, die Blähungen verursachen, auch krankmachende Darmbewohner zur Vermehrung anregen. Diese können dann auch andere Abschnitte des Darms wie z. B. die Bauchspeicheldrüse erkranken lassen.

Zu wenig faserreiche Kost kann aber auch zu einer negativen Veränderung der Darmflora führen, so dass von einer ausschliesslichen Fleischfütterung abzuraten ist. Manche Hunde vertragen weder Nass noch Trockenfutter. Dies liegt an der meist unterschiedlichen Zusammensetzung, insbesondere des Kohlenhydrat-, des Eiweissanteils oder der Feuchtigkeit. Der hohe Getreideanteil mancher Trockenfutter kann einzelnen Tieren Probleme bereiten, denn der Darm des Hundes ist im Vergleich zu jenem von reinen Pflanzenfressern kurz.
Kohlenhydratreiches Trockenfutter, aber auch die klassische Eliminationsdiät (bei Allergikern), kann zu Magen-Darm-Problemen führen. Zudem kann durch Fütterung grosser Kartoffel- oder Nudelrationen die Kohlenhydrat- Verdaulichkeitskapazität des Tiers überstrapaziert werden.


Für Hunde giftige Lebensmittel

Schliesslich gibt es Substanzen, die für Hunde giftig sind und toxische Reaktionen auslösen können. Koffein regt bspw. die Darmpassage an und kann Durchfall hervorrufen. Der in Schokolade enthaltene Stoff Theobromin hat eine herzstimulierende, abführende Wirkung und kann zudem Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Die Aufnahme von Zwiebeln kann zu einer speziellen Form der Blutarmut (hämolytische Anämie) führen. Früchte enthalten in Kernen und Steinen Blausäure. Diese blockiert die Zellatmung und schädigt den Organismus des Hundes. Die Schleimhäute im Atmungs- und Verdauungstrakt werden gereizt, was zum Tod des Tiers führen kann. Salzgebäck enthält viel Salz, was vor allem für Hunde mit einer Herzerkrankung sehr schädlich ist. Wird Salzgebäck regelmässig verfüttert, sammelt sich Flüssigkeit im Körper, die durch die verminderte Herztätigkeit nicht ausgeschieden werden kann. Rohes Eiweiss enthält Stoffe, welche die Aufnahme von Biotin im Tierorganismus verhindert. Ebenfalls können Süssigkeiten, wie zum Beispiel Gummibärchen, eine mögliche Ursache für Beschwerden des Magen-Darm-Traktes sein. Eine ganze rohe Kartoffel wird im Hundemagen bis zu drei Wochen nicht verdaut. Dies kann zu Inappetenz, Fieber, Erbrechen und Gewichtsverlust führen. Teilweise bleibt dem Tierarzt bei diesen Symptomen nichts anderes übrig, als diesen sogenannten Fremdkörper herauszuoperieren. Aber auch die mangelnde Hygiene bei der Herstellung und Lagerung von Hundefutter kann zur Bildung von giftigen Pilzen und Bakterien führen, die beim Hund eine Futterunverträglichkeit hervorrufen. Wird Futter angeboten, welches vielleicht schon verdorben oder auch mit Speise-Milben befallen ist, kann dies nicht nur zu Durchfall, sondern bei empfindlichen Tieren auch zu Hautsymptomen führen.

cute dog eating

Aufgepasst: Nicht alle Früchte- und Gemüsesorten sind für Hunde verträglich – oder können sogar eine toxische Wirkung haben.

Ungeeignete Kuhmilch

Laktase-Mangel kann auch die Ursache für eine Futterunverträglichkeit darstellen. Laktase ist das Enzym zur Verdauung der Laktose (Milchzucker). Bei erwachsenen Tieren geht die Laktase-Bildung zurück, mit der Folge einer verminderten bzw. fehlenden Verdauung von Laktose im Dünndarm. Wird dennoch Laktose aufgenommen, wird diese beim erwachsenen Tier durch Dickdarm-Bakterien fermentiert. Dies kann osmotischen Durchfall (übermässiges Einströmen von Wasser in den Darm) verursachen. Kuhmilch enthält zwar viel lebensnotwendiges Kalzium, den hohen Gehalt an Milchzucker vertragen jedoch häufig weder Hunde noch Katzen. Gegorene Milchprodukte wie Joghurt, Quark und Käse stellen in der Regel keine Probleme dar. Hier ist aber wieder bei Tieren, die Fette aus organischen Gründen nicht gut vertragen (z. B. bei einer Bauchspeicheldrüsenerkrankung), darauf zu achten, dass nicht gerade Sahneprodukte die Mahlzeit versüssen.


Glutenunverträglichkeit

«Zöliakie» beschreibt in der Humanmedizin die Dünndarmerkrankung, die durch eine Unverträglichkeit gegenüber Gluten, dem Klebereiweiss vieler Getreidesorten, auftreten kann. Beim Tier sind bisher nachweislich nur Border Terrier und Irish Setter mit einer echten Glutenunverträglichkeit CINS (Canine Epileptoid Cramping Syndrome) oder paroxysmale glutensensitive Dyskinesie (PGSD) aufgefallen.



Quelle: weltdertiere.ch

© Dr. med. vet. Silke Hieronymus arbeitet seit mehr als 20 Jahren in der Schweiz und in Deutschland als Tierärztin mit Schwerpunkt Tierernährung, Diätetik, Ernährungsschäden und Krankheitsprophylaxe bei Hunden, Katzen und Pferden. Sie leitet eine mobile Tierarztpraxis, ist Dozentin und Vortragstierärztin für Tierhalter, Fachartikelautorin für diverse Zeitungen, fungiert in Tierärztekreisen als Überweisungspraxis und berät Tierhalter bei der Wahl der geeigneten Fütterungstechnik. Auf der Suche nach der individuellen, optimalen Fütterung von Hunden und Katzen wird der Einsatz von Fertigfutter, BARF oder Hausmannskost geprüft. Die firmen- und produktunabhängige Fütterungsberatung basiert dabei allein auf der Berücksichtigung der Bedarfszahlen eventueller Vorerkrankungen, des Alters, des Gewichtes, der Leistung und der Verhinderung von ernährungsbedingten Erkrankungen (www.praxis-tierernaehrung.com).

Als zertifizierte Pferdezahnmedizinerin-GST/ SVPS betreut sie zudem Pferde mit Schwerpunkt Allgemeine Medizin, Fütterungs /Haltungsoptimierung, Krankheitsprophylaxe und Pferdezahnkontrollen (www.pferdezahn-tierarzt.com) und bildet als Trainerin-A Leistungssport-FN Pferde und Reiter am Boden und im Sattel aus. Zudem ist sie als als Berufsbildnerin Pferdewart EBA und Dressurrichterin FN-CH tätig. (www.vet-horse-coach.com).



Giftige Lebensmittel für Hunde – 10.03.2022

Hunde sind generell neugierig und wenn es um Lebensmittel geht, sehr interessiert. Dabei sollte gut darauf geachtet werden, was der Hund zum Fressen bekommt oder was mal auf den Boden fallen könnte. Denn im Haushalt können für den Vierbeiner viele Gefahren lauern, beispielsweise durch giftige Lebensmittel oder Zimmerpflanzen.