Richtig Füttern in der Kinderstube

Zu Beginn und im Herbst eines tierischen Lebens verändert sich der Körper von Hund und Katze am stärksten. Und damit auch der Nahrungsbedarf. Natalie Dillitzer, tierärztliche Ernährungsberaterin, über die wichtigsten Futterregeln für junge Hunde und Katzen.


Text: Martina Monti

Welpen und Kitten

«Welt der Tiere»: Natalie Dillitzer, in welchem Alter spricht man bei einem Hund oder einer Katze von einem Jungtier?

Natalie Dillitzer: Von Jungtier spricht man bei allen Tieren vom Zeitpunkt des Absetzens an. Katzen sind dann mit zehn bis zwölf Monaten ausgewachsen. Beim Hund kommt es auf die Rasse an. Ein Chihuahua ist mit sieben bis neun, ein Labrador mit 12 bis 14 Monaten ausgereift. Grosse Hundetypen wie Deutsche Dogge oder Leonberger erreichen das Erwachsenenalter zwischen 18 und 24 Monaten.


WdT: Welpen kommen im Alter von acht bis zwölf Wochen in ihr neues Zuhause, wo es meist ein anderes Futter als beim Züchter oder im Tierheim gibt. Wie gestaltet man den Futterwechsel möglichst verträglich für das neue Familienmitglied?

ND: Indem man damit erst einmal circa drei Wochen wartet, denn die kleinen Hunde und Katzen sind durch den Verlust der Mutter und das Eingewöhnen in die neue Umgebung schon gestresst genug. Und dann lautet die goldene Regel für die Gewöhnung: langsam und schrittweise. Konkret sollte man das neue Futter über fünf bis zehn Tage verteilt einschleichen, so kann sich das Verdauungssystem daran gewöhnen. Und optimalerweise beginnt man damit auch erst einmal bei einer der drei bis vier Mahlzeiten, mit denen die Tiere pro Tag versorgt werden. Auf unserer Homepage haben wir dazu eine Anleitung (www.futtermedicus.de/wissen-und-beratung/themenwelt/futterumstellung-auf-die-sanfte-art). Und noch etwas Grundsätzliches: Bitte nicht direkt aus dem Kühlschrank füttern und nur kleine Portionen anbieten. Gerade kleine Katzen schlagen sich gerne den Bauch zu voll und junge Hunde tendieren dazu, ihr Futter herunterzuschlingen. Auch deshalb empfiehlt sich, die tägliche Futtermenge auf drei bis vier Mahlzeiten zu verteilen.


WdT: Was passiert bei einem Jungtier in der körperlichen Entwicklung?

ND: Einerseits wird das Immunsystem ausgebildet, vor allem aber kommt es zu einem Massenzuwachs bei Skelett, Muskulatur, Gehirn und den inneren Organen. Gleichzeitig muss zur Versorgung des grösseren Körpersystems entsprechend mehr Blut gebildet werden.


WdT: Und was benötigt der Körper für diesen Aus- und Aufbau vor allem?

ND: Für das Massenwachstum natürlich Kalorien in Form von Fetten, Eiweiss und einem gewissen Anteil von Kohlehydraten. Hinzu kommen Mineralstoffe, also Mengen- und Spurenelemente, sowie Vitamine.


WdT: Sie sagen, dass es gerade in diesem Lebensabschnitt besonders wichtig ist, das Tier bedarfsgerecht zu ernähren, warum?

ND: Weil sich Fütterungsfehler in diesem Alter auf die körperliche Entwicklung auswirken, mit Folgen, die das Tier unter Umständen für den Rest seines Lebens begleiten. Wir haben einmal eine Studie mit hundert Welpen ausgewertet, die alle Skelettprobleme aufwiesen. Bei 95 Prozent von ihnen lagen Fütterungsfehler zugrunde.


WdT: Haben Sie Beispiele für Fehler, die häufig gemacht werden?

ND: Wenn man einem jungen Hund zu viele Kalorien über das Hauptfutter gibt oder es mit den Leckerchen übertreibt. Das führt in diesem Alter nicht zu Speckrollen, sondern einem forcierten Wachstum. Was sich besonders fatal auswirkt, wenn gleichzeitig die Versorgung mit Mineralien und Vitaminen nicht stimmt, die für den gesunden Aufbau eines stabilen Muskel- und Knochenskeletts benötigt werden. Also zum Beispiel Kalzium und Phosphor für belastbare Knochen, Kupfer, Zink, die Vitamine A und D für die Bildung strapazierfähiger Bänder, Knorpel und Gelenke. Besteht ein Missverhältnis in der Versorgung mit Mineralien und Vitaminen, dann kann ein forciertes Wachstum zu Skelettproblemen führen. Wobei die Auswirkungen einer Fehlernährung bei einem Kleinhund wie einem Chihuahua andere sind als bei Hunderassen ab 25 Kilo aufwärts. Aber Achtung: Eine Überversorgung ist genauso unerwünscht wie ein Mangel.


WdT: Gibt es Fütterungsarten, die gar nicht für junge Hunde und Katzen geeignet sind?

ND: Gar nicht geeignet kann ich nicht sagen. Aber eine vegane Ernährung würde ich bei einem Jungtier jetzt nicht aktiv empfehlen.


WdT: Ändert sich der Energiebedarf von Junghund und Jungkatze im Verlauf des Heranwachsens?

ND: Nehmen wir einen Junghund mit Zielgewicht 30 Kilo, der wiegt im Alter von einem halben Jahr schätzungsweise 21 Kilo, das heisst, er hat mit sechs Monaten bereits 70 Prozent seines Endgewichts erreicht. Bis zum Eintritt ins Erwachsenenalter bei etwa einem Jahr fehlen ihm also nur noch 30 Prozent Masse. Entsprechend benötigt er also bedeutend weniger Kalorien als im ersten Lebenshalbjahr.


WdT: Stichwort Belohnungen. Was kann ich meinem Hund in der Hundeschule geben, wenn er seine Sache gut macht?

ND: Hier geht probieren über studieren. Denn es muss wirklich nicht immer ein Stück Wurst oder Käse sein. Eine gekochte Nudel, eine Heidelbeere, ein Stück Karotte oder Apfel sind gesunde und kalorienarme Alternativen, die ebenfalls gerne angenommen werden. Da muss man halt mal ein wenig ausprobieren, was dem Hund schmeckt. Ein Hund nimmt derlei Belohnungen übrigens umso lieber, je früher er sie kennengelernt hat. Das ist ein grosser Vorteil, wenn er später mal mit dem Gewicht etwas runter muss. Natürlich muss der Welpe auch nicht ganz auf die Klassiker Wurst und Käse verzichten, aber sie sollten den Status einer besonderen Belohnung haben. Wird der Hund mit Trockenfutter gefüttert, dann kann man davon einen Teil auch als Belohnung einsetzen. Wenn es die klassischen Leckerchen sein sollen, grob 10 Prozent der täglichen Futtermenge dürfen aus dieser Belohnung bestehen, das ist okay. Bei einem Welpen, der pro Tag 200 Gramm Trockenfutter bekommt, dürfen also maximal 20 Gramm Trockenfutter durch Leckerchen ersetzt werden. Alles darüber bringt nur mehr Kalorien, aber weniger Nährstoffe. Meistens kann man die Kekse aber noch einmal teilen, bevor man sie gibt, so bekommt man zwei Belohnungen zum kalorischen Preis von einer.


WdT: Welche Kausachen sind für die Beschäftigung und die Zahnpflege von Junghunden geeignet?

ND: Klassiker sind ja Rollen aus getrockneter Haut, Ochsenziemer und die Pansenstange, die allerdings nicht so gut geeignet ist, weil der Hund sie relativ schnell zerkleinert und gefressen hat. Aber Hautrolle und Ochsenzimmer beschäftigen die Tiere meist länger als ein Stück Pansen oder Lunge. Dann gibt es auch noch Wurzeln, die gekaut werden können. Man kann Nassfutter in Kongs einfrieren und es dem Hund im Garten zum Schlecken und Rauspulen geben. Gut geeignet sind ganze Karotten, von denen kann man auch nie zu viel geben, solange der Hund keinen weichen Kot oder Blähungen bekommt, weil er Karotten nicht verträgt. Sie sind kalorienarm und gut für die Zähne


WdT: Stichwort Zahnpflege, wie gewöhne ich meinen Hund an dieses unbeliebte Ritual?

ND: In diesem Alter hat man die Chance, den Hund spielerisch daran zu gewöhnen, dass einmal täglich die Zähne geputzt werden. Am einfachsten mit einem Fingerling und einer Hundezahncreme, die den Hunden meist recht gut schmeckt. Das ist noch immer die effektivste, dauerhafte Prophylaxe gegen Zahnstein.



Quelle: weltdertiere.ch
Martina Monti ist freie Journalistin/Autorin und arbeitet seit über zehn Jahren als Freiwillige in der Hundebetreuung des Tierheims Pfötli.