Wenn sich die Mieze zu viel putzt – Nicht ganz sauber

Putzt sich eine Katze, denkt erst mal niemand an eine Störung oder gar an eine Krankheit. Zu bekannt ist der Vierbeiner für seine Reinlichkeit. Doch manchmal ist es weit mehr als das.


Text: Daniela Poschmann 

katze

Katzen putzen sich nach dem Essen, beim gemütlichen Liegen auf dem Sofa oder unerwartet mitten beim Spielen. Meist pflegen sie sich selbst, ab und an aber auch dem Rudel angehörende Artgenossen. So mancher bequeme Kater ist von der aufgezwungenen Reinigung übrigens nicht selten genervt. Manchmal geht das kätzische Putzverhalten aber über das normale Mass hinaus, und es bilden sich kahle Stellen am Katzenkörper. Woran liegt das? Und woran erkennt man, wann es zu viel wird?

Im Schnitt putzen sich Hauskatzen dreieinhalb Stunden pro Tag – fast die Hälfte ihrer wachen Zeit. Schliesslich schläft so ein Stubentiger bis zu 16 Stunden täglich. Das Putzen ist wichtig, denn nur ein sauberes Fell schützt vor äusseren Faktoren wie Kälte und Feuchtigkeit, da durch das Lecken die Talgdrüsen an den Haarwurzeln angeregt werden und wasserabweisendes Fett absondern. Einige Katzen übertreiben es allerdings, doch wann es zu viel ist, ist schwierig zu sagen. Denn es sind immer noch Individualisten.

«Eine meiner Katzen putzt sich, sobald nur ein Windhauch ein Härchen verschiebt und andere wiederum kommen mit Dreckpfoten rein, füllen ihren Magen, latschen dann ins Schlafzimmer und erst wenn sie gemütlich auf dem Bett liegen, beginnt das ausgiebige Putzen.» Katharina Prevodnik spricht aus Erfahrung. Die Tierpsychologin aus Winterthur hat selbst Katzen, beschäftigt sich aber auch von Berufs wegen mit ihnen. Denn nicht selten kommen verzweifelte Halter mit Samtpfoten in ihre Praxis «AnimalSoul», die sich offensichtlich zu viel putzen und an Haarausfall (Alopezie) leiden. Oft fällt das erst auf, wenn einige Körperstellen komplett kahl sind; die Haare abgebrochen von der rauen Zunge. Betroffen sind in der Regel vor allem der Bauch und der Schwanz – Stellen, die leicht zu erreichen sind.

Die Suche nach der Ursache ist schwierig

Ein Grund für Alopezie kann Juckreiz sein, eventuell verursacht durch eine Allergie oder durch Parasiten. Dieser geht laut Prevodnik allerdings eher mit Kratzen als mit Lecken einher. Sie sieht die Hauptursache des durch Putzen verursachten Haarausfalls in der Psyche des Tieres. «Es können sich Katzen auch stressbedingt die Haare auslecken. Hat die Katze kahle Stellen ohne Kratzspuren, so ist eher von Stress auszugehen», sagt die Fachfrau. Doch auch das ist noch kein endgültiger Beweis, denn auch ein Brennen auf der Haut, ein Kribbeln oder ein physischer Schmerz können zu intensiverem Putzverhalten führen, ausgelöst etwa durch Pilzinfektionen, Blasen- oder Nervenentzündungen, Narben oder Gelenkschmerzen. Die Ursache zu finden ist daher aufwendig und meist nur durch das Ausschlussverfahren möglich.

Eine gute Beobachtungsgabe seitens der Halter kommt bei der Suche sehr gelegen. Liegt eine psychische Störung vor, zeigt die Katze vermutlich weitere Verhaltensauffälligkeiten. Einige Stubentiger beissen sich beispielsweise selber in den Schwanz. Auch am Putzen selbst kann man viel ablesen. Sieht das Tier währenddessen entspannt und zufrieden aus oder wirkt es stattdessen nervös und leckt so verbissen, dass es seine Umgebung kaum noch wahrnimmt? Denn genau wie bei Hunden und anderen Säugetieren kann auch hier die Körperpflege eine Übersprunghandlung sein – ausgelöst durch Stress oder Angst. Im Gegenzug zum normalen Putzen leckt sich die Katze dabei zumindest anfangs eher flüchtig. Erst wenn die Störung chronisch wird, muss sie sich immer länger und öfter putzen.

Erste Anzeichen rechtzeitig erkennen

Der Ort des Geschehens kann ebenso Aufschluss geben. Denn wenn sich eine Katze zum Putzen ständig zurückzieht, sich regelrecht verkriecht, liegt das Problem in der Psyche. Weitere Indizien dafür können Fressunlust und ein stressbedingter Durchfall sein. Bei manchen Miezen ändert sich auch die Tonlage oder die Frequenz ihrer Laute, wenn sie sich unwohl fühlen. Einige von ihnen putzen sich direkt nach den eigentlich nur gut gemeinten Streicheleinheiten. Das ist aber vorwiegend der Fall, wenn ein Fremder Hand angelegt hat, und die Katze den ungewohnten Geruch rasch wieder loswerden möchte. So schwierig wie die Suche nach der Ursache für die Alopezie ist, so leicht ist das Erkennen der ersten Anzeichen. Während einzelne, beim Putzen geschluckte Haare noch locker den Magen-Darm-Trakt passieren und wieder ausgeschieden werden, lösen viele Haare einen Würgereiz aus. Verliert die Katze also viele Haare, erbricht sie diese in Form von Haarballen. Um besser erbrechen zu können, frisst sie dabei vermehrt Gras. Dies ist aber nicht zu verwechseln mit dem natürlichen, zweimal im Jahr stattfindenden Fellwechsel. Prevodnik empfiehlt daher, Langhaarkatzen im Frühling und Herbst regelmässig zu kämmen. Zumal grosse Haarballen im Magen-Darm-Trakt unter Umständen zu einer Magenreizung oder im schlimmsten Fall zu einem Darmverschluss führen können.



Quelle: weltdertiere.ch
Daniela Poschmann ist als freie Journalistin tätig und hat sich auf das spannende Themenfeld «Natur und Tiere spezialisiert».