Giftstoffe im Alltag – unvermutete Gefahrenquellen

Was ist für unsere Haustiere gefährlich, ungesund oder giftig? Es sind verschiedene Materialien, Produkte, Pflanzen und sogar Lebensmittel, mit denen wir täglich zu tun haben.


Text: Dr. med. vet. Danya Wiederkehr

Giftstoffe

Genuss oder Verdruss?
Die einen sind nur ungesund, andere sind leichtgradig bis mittelmässig giftig und führen zu Magenverstimmungen und Unwohlsein. Beispiele sind Wacholderbeere und Avocado. Daneben gibt es aber hochgradig giftige Substanzen, die auch in kleinen Mengen bei Mensch und Tier zum Tod führen können. Zyanid in den Steinen von Kernobst oder Giftpilze wie der Knollenblätterpilz gehören dazu. Aber auch für den Menschen harmlose Früchte oder Genussmittel wie Trauben und schwarze Schokolade können für Hund und/oder Katze hochgiftig sein.

Natürlich ist die Giftwirkung eines Stoffes immer dosisabhängig. Wie Paracelsus treffend sagte: «Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei.» (Septem Defensiones 1538). Auf welche Weise ein Stoff in einer gewissen Dosierung wirkt, ist manchmal auch von der genetischen Konstitution eines Individuums abhängig. So können Tiere der gleichen Art und Rasse und aus der gleichen Familie unterschiedlich stark auf gleiche Stoffe reagieren. Diese Variabilität der
Wirkung nennt man Idiosynkrasie. Es kann darum vorkommen, dass ein Medikament bei einem Tier Vergiftungssymptome auslöst, obwohl die Dosierung des Tierarztes eigentlich korrekt ist.

Von Tierpfoten fernzuhalten
Es erübrigt sich zu sagen, dass offen herumliegende Medikamente aus der Hausapotheke eine Gefahr für Haustiere sind. Für den Menschen scheinbar harmlose Medikamente können bei Tieren ganz andere oder viel stärkere Reaktionen auslösen. Beispiele sind Aspirin (Acetylsalicylsäure) und Dafalgan/Paracetamol (Acetaminophen). Beide Schmerzmittel schädigen bei Hund und Katze die Leber und werden im Körper durch dasselbe Enzym abgebaut. Bei der Katze ist dieses Enzym nur in ungenügenden Mengen vorhanden. Dadurch erfolgt der Abbau des Medikamentes sehr viel langsamer. Katzen vertragen darum nur sehr kleine Dosen davon.

Vorsicht ist auch geboten bei Einnahme über längere Zeit, da bei Mensch und Tier die Schleimhäute im Magen-Darm-Trakt angegriffen werden. Leberschädigungen bei Hund und Katze können auch durch andere Medikamente wie Valium und bestimmte Antibiotika (Tetracycline) hervorgerufen werden.

Süsse Versuchung nichts für Tiere
Eine grosse Gefahrenquelle sind Lebensmittel, Lebensmittelzusätze und Küchenabfälle. Abfälle sind vor allem aufgrund von Schimmelpilz- und Bakterienbefall giftig und können zu schweren Erkrankungen führen. Es gibt aber auch Lebensmittel, die – obwohl für den Menschen unbedenklich – für das Tier an sich giftig sind. Beispiele dafür sind Knoblauch, Schnittlauch, Kohlgewächse und Zwiebeln. In hohen Dosen verursachen sie bei verschiedenen Tieren (u. a. Hund und Katze) eine Zerstörung des Hämoglobins und verursachen damit Blutarmut. Dies kommt ab und zu bei Hunden vor, die vom Tisch gefüttert werden, wenn Zwiebeln und Knoblauch in der Fleischsauce verarbeitet wurden. Freiwillig fressen Hunde und Katzen vermutlich aber keine grösseren Mengen davon.

Gefährlicher sind Lebensmittel, die süss schmecken und dadurch gerne gefressen werden. Oftmals werden sie sogar bewusst gefüttert, ohne das Wissen um deren Giftigkeit. Trauben, dunkle Schokolade und Macadamia-Nüsse gehören in diese Kategorie.

Macadamia-Nüsse sind nur für Hunde toxisch. Sie können bei Verzehr zu Schwäche, Zittern, Koordinationsschwierigkeiten bis Lahmheit, Bauchschmerzen mit Erbrechen, blassen Schleimhäuten und Fieber über 40 °C führen. Der Grund ist nicht bekannt. Auch die Weintraubenvergiftung kommt nur bei Hunden vor. Einnahme von Weintrauben, Rosinen und Traubentrester, welcher als Dünger gebraucht wird, bewirken in grösseren Mengen bei Hunden Nierenversagen. Der Grund ist nicht bekannt. Interessanterweise sind aber nicht alle Hunde betroffen und bis jetzt wurde noch nie eine Rassendisposition festgestellt. Offenbar betrifft es nur einzelne Individuen. Ob die Trauben Kerne enthalten oder nicht, spielt für die Toxizität keine Rolle.

Eine Aufnahme von 10 – 30 g Traubenbeeren pro kg Körpergewicht (KG) oder ungefähr 2,8 g Rosinen (getrocknete Trauben) pro kg KG kann bereits zu Symptomen führen. Vergiftungserscheinungen treten nach wenigen Stunden bis zu einem Tag auf. Zunächst kommt es zu Erbrechen, danach zu Lethargie, Bauchschmerzen und eventuell Durchfall. Bei Aufnahme grösserer Mengen kann es zu akutem Nierenversagen und darauf folgendem Tod kommen. Die Tiere zeigen oft erhöhten Kalzium-, Phosphor- und Harnstoffgehalt
im Blut. Mikroskopisch sind Nekrosen der Nierentubuli (abgestorbene Nierenkörperchen) sichtbar. Therapiert wird symptomatisch mit Infusionen. Zur Entlastung der Niere kann eine Dialyse durchgeführt werden. Diese Therapie ist aber sehr teuer und ist nicht immer erfolgreich.

Dunkle Schokolade kann für Hunde schon in kleinen Mengen giftig sein. Der Wirkstoff Theobromin aus der Kakaobohne ist dafür verantwortlich. Dieser gehört zu den Methylxanthinen, der gleichen Stoffgruppe wie Coffein und Theophylin (in Tee enthalten). Coffein wird im Körper zu Theobromin und Theophylin abgebaut.

Bereits innerhalb von 2 bis 4 Stunden kommt es zum Auftreten der ersten Symptome wie erhöhter Durst, Durchfall, Erbrechen und ein aufgetriebener Bauch. Je nach Dosis können sich die Symptome im weiteren Verlauf auch auf den Kreislauf und das zentrale Nervensystem ausweiten. Die Folgen sind Erhöhung von Blutdruck und Pulsfrequenz, Verengung der Blutgefässe im Gehirn, verringerte Reizschwelle des Nervensystems und dadurch Unruhe und Zittern bis hin zu Krampfanfällen. Ohne Behandlung kann eine Vergiftung innerhalb von 12 bis 36 Stunden zum Tod führen. Eine chronische Aufnahme (regelmässige Aufnahme über mehrere Tage) kann Herzversagen verursachen.

Die minimale Dosis von Coffein, die bereits zum Tod führen kann, beträgt 110 mg/kg KG beim Hund und 80 mg/kg KG bei der Katze, jene von Theobromin 100 mg/kg KG beim Hund. Milde bis moderate Symptome können aber bereits ab 20 mg/kg KG Coffein oder Theobromin auftreten, lebensbedrohliche Symptome ab 60 mg/kg KG. Je nach Kakaogehalt enthält dunkle Schokolade zwischen 5 und 26 mg/g Theobromin. Dagegen hat Milchschokolade nur ca. 2 mg/g und weisse Schokolade praktisch keines. Der Konsum von einer halben Tafel dunkler Schokolade kann daher bereits tödlich für einen 3 kg schweren Hund enden.

Ganz schön giftig
Eine andere Gefahrenquelle stellen Zimmer- und Gartenpflanzen dar. Viele davon beinhalten Giftstoffe, die unterschiedlich stark wirken.

Eine Auswahl giftiger Zimmer- und Gartenpflanzen:

Giftstoffe


Eine der bekannten giftigen Pflanzen ist der Weihnachtsstern. Generell ist diese Pflanze schwach giftig und führt lediglich zu Magen-Darm-Problemen. Es gibt aber auch stark giftige Exemplare, deren Verzehr zu Magen-Darm-Symptomen mit Erbrechen, Untertemperatur, Zittern und dann zum Lungenödem führen, was tödlich enden kann.

Zum Schluss die üblichen Verdächtigen
Allgemein korrosive Substanzen wie Salze, Schwefel, Salpeter, Phosphorsäure und Laugen wie Ammoniak oder Natriumhypochlorid können bei Kontakt Schädigungen von Haut und Schleimhaut verursachen. Diese Stoffe sind in Reinigungsmitteln, Batterien, Bleichmitteln, Entroster, Spülmaschinenpulver und vielen anderen Gebrauchsmitteln im Haushalt vorhanden. Andere gefährliche Stoffe, die in Haus und Garten gebraucht werden, sind Unkraut- (z. B. Paraquat), Nager- (Cumarine/Warfarine), Schnecken-
(Metaldehyd) und Insektenbekämpfungsmittel.

Einige Insektenbekämpfungsmittel, die zur Behandlung von Ektoparasiten (Läuse, Zecken, Flöhe, Milben) beim Tier eingesetzt werden, wirken wenn oral aufgenommen giftig. Verschluckte Teile von Floh- oder Zeckenhalsbändern können daher Vergiftungen auslösen. Amitraz (Wirkstoff in Zeckenhalsbändern) beispielsweise verhindert im Körper die Freisetzung von Insulin. Folge der Einnahme ist eine Erhöhung des Blutzuckers.

Zusätzlich zu beachten sind Vergiftungen mit den Frostschutzmitteln Propylen- und Ethylenglykol. Die Substanzen sind süsslich im Geschmack und werden daher gerne vom Boden der Garage aufgeleckt. Die Aufnahme führt zu einer Schädigung der Niere.

Was tun bei Verdacht auf Vergiftung?

Bei einem Verdacht sollte unverzüglich der Tierarzt konsultiert werden. Die verdächtige Giftquelle muss in die Praxis mitgebracht werden, am besten mit Verpackung. Erbrochenes oder auch angefressenes Material ebenfalls mitbringen. Bei Kontakt der mutmasslichen Giftquelle mit Haut, Fell, Schleimhäuten und Augen kann der Besitzer versuchen, diese mit lauwarmem Wasser vorsichtig auszuwaschen. Ist das Material trocken, kann versucht werden, es mit dem Staubsauger zu entfernen.

      Quelle: weltdertiere.ch
      Dr. med. vet. Danya Wiederkehr ist Tierpathologin.

      Weitere Quellen:
      www.vetpharm.uzh.ch/perldocs/index_i.htm

      Pathologic Basis of Veterinary Disease, M. McGavin, J. Zachary, Elsevier, ISBN 978-0-323-02870-7

      Giftige Lebensmittel für Hunde – 10.03.2022

      Hunde sind generell neugierig und wenn es um Lebensmittel geht, sehr interessiert. Dabei sollte gut darauf geachtet werden, was der Hund zum Fressen bekommt oder was mal auf den Boden fallen könnte. Denn im Haushalt können für den Vierbeiner viele Gefahren lauern, beispielsweise durch giftige Lebensmittel oder Zimmerpflanzen.