Kinderwunsch: «Mami, ich will einen Hund»

Na ja, lieber einen Hund als ein Pony, werden Sie sich vielleicht denken. Doch täuschen Sie sich da nicht. Es gibt einige Punkte, die unbedingt beachtet werden müssen, wenn Sie sich als Eltern und Ihrem Kind wirklich eine Freude machen wollen. Nebst den Grundfragen zur Anschaffung eines Hundes gilt, sich im Speziellen die nachfolgenden Fragen zu stellen.


Text: Sibyle Kläusler

Kinderwunsch

Was können wir dem Hund als Familie bieten?

Für den Vierbeiner ist eine Familie weitaus anspruchsvoller als das Zusammenleben mit einer Einzelperson. Er muss sich auf die verschiedenen Familienmitglieder einstellen, und es prasseln mehr äussere Einflüsse auf ihn ein: Geräusche, Trubel, Bewegungen, die er nicht kennt, Stimmungen. All diese Dinge sind für uns Menschen manchmal schon eine Herausforderung. Der Hund muss diese Eindrücke mit seinen Sinnen verarbeiten. Sein Nervenkostüm ist entscheidend, wie gelassen oder eben nicht er darauf reagiert. Es ist für einen Hund in der Familie extrem wichtig, dass er auf seine Kosten kommt und seine eigenen Bedürfnisse ausleben kann. Nur dann kann er für die Familie und die Kinder ein ausgeglichener Gefährte sein. Ausgedehnte Spaziergänge mit Beschäftigung körperlicher und geistiger Natur und auch genügend ungestörte Ruhezeit sind wichtige Faktoren.

Wie sehen unsere gemeinsamen Familienaktivitäten jetzt aus?

Passt ein Hund überhaupt in unser Leben? Der Wunsch des Kindes nach einem Hund ist das eine, das Familienleben kann jedoch etwas ganz anderes sein. Ein Hund nimmt locker zwei bis drei Stunden Zeit pro Tag in Anspruch. Diese Zeit muss vorhanden sein, unter der Woche und an den Wochenenden. Die Aktivitäten mit dem Hund spielen sich grösstenteils draussen in der Natur ab. Naturverbundenheit und Bewegungsfreude sind deshalb wichtige Grundvoraussetzungen. Ein Kind, das seine Freizeit mehrheitlich drinnen verbringt und kaum für Aussenaktivitäten zu motivieren ist, wird die Eltern womöglich vor Schwierigkeiten stellen. Die Interessen der ganzen Familie müssen zu den Bedürfnissen des Hundes passen.

Wer trägt die Verantwortung?

Abgesehen von den Entwicklungsstufen der Kinder kann grundsätzlich gesagt werden, dass kein Kind die Verantwortung für einen Hund tragen kann. Da sind Schule, Freunde, Hobbys und andere Interessen, welche die erforderliche Regelmässigkeit der Hundeaktivitäten im Alltag gar nicht zulassen. Es ist wichtig, dass Kinder den Umgang mit anderen Lebewesen lernen und auch lernen, Verantwortung und Sorge zu tragen. Dies kann jedoch schnell zu einer Belastung werden und die Freude am Übernehmen dieser Verantwortung leidet. Mindestens dreimal pro Tag mit dem Hund raus, bei Wind und Wetter, und zwar nicht einfach schnell Gassigehen, sondern den Vierbeiner beschäftigen. Das kann kein Kind selber tragen. Kommt ein Kind mit Hundewunsch, so müssen sich die Eltern im Klaren sein, dass sie es eigentlich sind, die von ganzem Herzen Ja zum Hund sagen müssen.

Welche Rasse/Welcher Mischling wäre passend?

Kinder haben bestimmte Bilder und Vorstellungen, wie der vierbeinige Freund sein sollte. Ein Fell zum Kuscheln, freundlich und verspielt sollte er sein. Sie haben vielleicht auch einen Hund gesehen, real oder im Fernsehen, der sie beeindruckt hat und der ihnen gefällt. Lassen Sie sich als Eltern vom Äusseren eines Hundes nicht täuschen. Sie haben im Alltag schlussendlich das Innenleben des Hundes, nicht seine Erscheinung. Folgende Fragen können beim Entscheidungsprozess helfen: Wie sehr sind wir bereit, mit dem Hund zu arbeiten, ihn auszubilden und zu fördern? Wie sieht das Temperament der einzelnen Familienmitglieder aus, insbesondere des Kindes? Welches Hundetemperament passt dazu? In welcher Umgebung leben wir, wo werden wir uns am meisten mit dem Hund aufhalten? Golden und Labrador Retriever gelten gemeinhin als die idealen Familienhunde. Doch dies kann täuschen. Es gibt unheimlich temperament- und anspruchsvolle Vertreter dieser Rasse, die ihre Halter sehr fordern.

Egal, ob Mischling oder Rassehund. Ein Familienhund sollte folgende Eigenschaften mitbringen: eine hohe Reizschwelle (Coolness), geringe Reaktivität und mittleres Temperament. Bei sehr arbeitsfreudigen Hunden ist Vorsicht geboten. Oft sind sie als Familienhunde gänzlich ungeeignet, sofern nicht die nötige Hundeerfahrung vorhanden ist. Die Familie wird aus der Unterforderung des Hundes schnell überfordert. Und dann ist keinem der Beteiligten gedient. Nehmen Sie sich mit den Kindern zusammen genügend Zeit, sich zu informieren, bei seriösen, anerkannten Züchtern, in Tierheimen und bei Tierschutzorganisationen. Und seien Sie vorsichtig, wenn «herzige Sennen-Mischlinge» oder «Border-Collie-Mischlinge» in der Zeitung inseriert werden.

Wie sollte der Hund von der Grösse her sein?

Man könnte schnell zum Schluss kommen, dass kleine Hunde für Kinder die besseren Gefährten sind. Doch Achtung: Kinder haben je nach Alter heftige Bewegungen und können die Konsequenzen ihrer physischen Handlungen noch nicht abschätzen. Das kann für kleine Hunde zur grossen Belastung werden. Kleine Hunde werden zum Beispiel auf den Arm genommen und getragen. Abgesehen davon, dass die meisten Hunde das überhaupt nicht mögen, ist das Fallenlassen oder das unsanfte Absetzen eine fast logische Konsequenz. Der Hund erschrickt nicht nur und tut sich weh, sondern er entwickelt auch eine Abneigung gegen die Kinder. Es kann sein, dass er flüchten will, sobald sich die Kinder nähern, oder aber er beginnt, sich mit hundlichen Verständigungsmitteln zu schützen, sprich: knurren oder sogar zwicken. Kleine Hunde werden aufgrund ihres herzigen Äusseren und ihrer Grösse oft nicht für voll genommen. Und das kann vor allem in der Beziehung Kind-Hund zu Problemen führen. Wenn Kinder spielen, geht es oft ruppig zu und her, und da kommt ein kleiner Hund schneller mal unter die Räder.

Sind Kinder mit einem Hund unterwegs, ist die Grösse natürlich ein Faktor. Grundsätzlich sollte in der heutigen Umwelt kein Kind alleine mit dem Vierbeiner auf den Spaziergang gehen, abhängig natürlich vom Alter. Es geht nicht nur um die Kraft, den Hund auch unter Kontrolle zu halten. Auch die Reaktionen auf den Vierbeiner können ein Kind überfordern.

Können wir gewährleisten, dass Hund und Kind nicht zusammen alleine sind?

Dies ist ein heikler Punkt, der immer wieder zu vermeidbaren Unfällen Anlass gibt. Ein Hund hat eine komplett andere Wahrnehmung als wir Menschen. Er merkt nicht, dass er ein kleineres Kind umwerfen kann, wenn er im gestreckten Galopp von A nach B rennt. Er nimmt nicht wahr, dass seine Schnauze genau auf Gesichtshöhe des kleinen Zweibeiners ist, wenn er aus Freude mit seiner Schnauze etwas zu heftig stupst. Er kann seine Kraft nicht so drosseln, dass sie dem Grössenverhältnis des Kindes angepasst ist. Auch liebe Hunde haben hundliches Verhalten. Kinder setzen Grenzen in ihrer kindlichen Sprache und Gestik. Hunde tun das auf hündisch. Kinder können diese Zeichen nicht immer deuten. Die Eltern haben die wichtige Rolle, Dolmetscher zwischen Kind und Hund zu sein. Und um diese Rolle wahrnehmen zu können, müssen sie präsent sein.

Soll es ein Welpe oder ein ausgewachsener Hund sein?

Gut aufgezogene und geprägte Welpen haben den Vorteil, dass sie sich von Anfang an in die Familie eingliedern können. Sie kennen die Familienmitglieder von der Pike auf und lernen, sich mit den verschiedenen Konstellationen auseinanderzusetzen. Die Kinder können die Erfahrung machen, ein kleines Geschöpf im Wachsen und Lernen zu begleiten. Die Ankunft und die Grundstrukturen der Tagesabläufe sollten im Vorfeld für den Welpen gut überlegt sein. Ein Welpe wird bei der Übernahme der neuen Besitzer komplett aus seinem gewohnten Umfeld gerissen, fern von Geschwistern, von Mutter und gewohnter Umgebung. Das ist für den Welpen erst mal ein Schock. Die zweibeinigen Kinder freuen sich auf den Familienzuwachs und möchten natürlich sofort möglichst viel Zeit mit dem Kleinen verbringen und mit ihm spielen. Das kann für den Welpen stressig werden. Fragen Sie deshalb den Züchter oder andere Fachpersonen, wie die Eingliederung am besten gestaltet werden kann.

Der Vorteil eines bereits erwachsenen Hundes ist natürlich, dass Sie das Temperament und die Charaktereigenschaften bereits kennen. Zum Teil! Ein Hund kann nach der Übernahme Verhaltensweisen zeigen, die er in der bisherigen Umgebung nicht an den Tag gelegt hat. Bei «Secondhand- Hunden» besteht die Möglichkeit, dass Sie nicht alle seine Züge kennengelernt haben. Ein erwachsener Hund kommt immer mit seinem Erlebnisrucksack in eine neue Familie. Auch hier gibt es keine Garantie. Beide Möglichkeiten, Welpe und ausgewachsener Hund, haben Vor- und Nachteile.

Es ist eine grosse Bereicherung, wenn Kinder mit einem Hund aufwachsen können. Und viele Kinder wünschen sich nichts sehnlicher, als einen vierbeinigen Freund, der sie durch dick und dünn begleitet. Wenn dieser Wunsch auch von den Eltern getragen wird, zusammen mit der Verantwortung, dann steht einer wunderbaren Freundschaft nichts im Weg.



Quelle: weltdertiere.ch
Sibylle Kläusler, www.kyno-mental.ch, Spezialkurse für Menschen mit Hund.